Universitäten sollen Zivilklausel abschaffen

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Im Vorfeld der Wahlen mehren sich Forderungen, dass deutsche Forschungseinrichtungen Regelungen streichen sollen, die die Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie einschränken.

Mike Faust
2. Februar 2025, 12:20 Uhr


Im Bundestagswahlkampf mehren sich Stimmen aus Rüstungsindustrie und Politik, die Universitäten und andere Forschungseinrichtungen zur Abschaffung der Zivilklausel auffordern. Wie das Nachrichtenportal Bloomberg berichtet, wird diese Diskussion zwar schon länger geführt, im Zuge der bevorstehenden Wahlen aber wieder verstärkt aufgegriffen.

Die sogenannten Zivilklauseln stammen aus der Zeit des Kalten Kriegs. Es handelt sich um Regelungen, die sich Forschungseinrichtungen selbst auferlegen und deren Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie einschränken. In einem Anfang Dezember 2024 veröffentlichtem Strategiepapier erklärte die Bundesregierung, dass die strikte Trennung von ziviler und militärischer Forschung sicherheitsrelevante Fortschritte behindere.

Zuvor veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung ein Positionspapier, in dem gefordert wurde, Hindernisse für die Zusammenarbeit mit dem Militär zu überdenken, und in Bayern wurde im Juli 2024 ein Gesetz verabschiedet, das Zivilklauseln praktisch verbietet. Mit der von Olaf Scholz im Jahr 2022 ausgerufenen "Zeitenwende" gewann die Landesverteidigung eine höhere Priorität. Auch Kanzlerkandidat Friedrich Merz will die Zivilklausel abschaffen.


Zivilklauseln sind international extrem selten

Gegner der Klauseln betonen, dass dem deutschen Militär der Zugang zur Spitzenforschung bei Themen wie künstlicher Intelligenz, Informationssicherheit, Sensortechnologie und Materialwissenschaften fehle. In dem Bloomberg-Bericht erklärte Helmut Dosch, Physiker am und Direktor des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (Desy): "Die Freiheit der Forschung ist eines der größten demokratischen Privilegien, sie geht einher mit der Verantwortung, die liberale Gesellschaft zu schützen, wenn sie angegriffen wird."

Die leistungsstarken Röntgengeräte seines Instituts könnten dabei helfen, Materialien für Panzerungen zu optimieren, Korrosionsschutzbeschichtungen für Schiffe und Flugzeuge zu entwickeln oder auch gefährliche Substanzen in Transportbehältern zu erkennen, führte Dosch aus. Er arbeite daher an einem Vorschlag, die Einrichtungen des Desy für Partner in der militärischen Forschung zu öffnen.

Christian E. Rick, außerordentlicher Professor für Kriegsstudien an der Universität Potsdam, sagte laut dem Bericht: "Diese Klauseln sind international extrem selten." Deutschland und Japan seien die einzigen Beispiele für Länder, in denen solche Regelungen existierten.

Weiter führte er aus, dass große Hersteller wie Rheinmetall über genügend Kapital verfügten, um ihre eigene Forschung zu betreiben. Kleine und mittlere Unternehmen könnten in der Regel aber keine eigenen Forschungsprogramme finanzieren.


"Forschung und Lehre sollten der Menschheit dienen"

Marc Eichhorn, Professor für Optronik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Leiter des Bereichs Verteidigung am Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, sagte dazu: "Ich kann jeden verstehen, der das nicht will, aber vielen Menschen die Entscheidung abzunehmen, ist eine Einschränkung von Forschung und Lehre." Bloomberg zufolge haben das KIT und das Fraunhofer-Institut keine Zivilklausel. Eichhorns Forschungsbereich erhält demnach Mittel von der Bundeswehr und arbeitet auch mit Rüstungsunternehmen zusammen.

Michael Schulze von Gaßler, politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft, hält die Forderung zur Abschaffung der Zivilklausel für alarmierend: "Forschung und Lehre sollten der Menschheit dienen und nicht ihrer Zerstörung."

quelle: golem.de
Muad'Dib
In der Praxis ist das denen doch völlig "Wurscht".