Auch Skripte für Kompilierung gehören zum Quellcode

Whitebird
Klage gegen AVM:

Auch Skripte für Kompilierung gehören zum Quellcode
Wegen der unvollständigen Herausgabe von GPL-2.0- und LGPL-2.1-lizenziertem Quellcode hat ein Softwareentwickler gegen AVM geklagt.

Mike Faust
11. Januar 2025, 12:30 Uhr

Mithilfe der Non-Profit-Organisation Software Freedom Conservancy (SFC) reichte ein deutscher Softwareentwickler Klage gegen AVM ein, weil das Unternehmen unvollständigen Quellcode für seine Fritz!Box 4020 bereitgestellt hatte. Wie SFC in einer Pressemitteilung vom 9. Januar 2025 erklärte, wurde die Klage im Juli 2023 eingereicht und ist jetzt zugunsten des Softwareentwicklers entschieden worden.

Der Softwareentwickler kaufte die Fritzbox im Mai 2021 und wollte Anpassungen an der Software des Routers vornehmen. Um eine Netzwerkbibliothek neu zu kompilieren und Protokolle hinzuzufügen, benötigte er den Quellcode, der von AVM mit der General Public License 2.0 (GPL 2.0) und Lesser General Public License 2.1 (LGPL 2.1) lizenziert wurde.

Der von AVM auf Anfrage bereitgestellte Code enthielt allerdings keine Skripte für die Kompilierung und Installation der Software. Nachdem der Routerhersteller nicht auf die weiteren Anfragen des Softwareentwicklers reagiert hatte, wandte sich dieser an die SFC und strengte mit deren Unterstützung eine Klage wegen Verletzungen der Copyleft-Bedingungen der LPGL 2.1 an.


Anwender müssen dauerhafte Änderungen vornehmen können

AVM lieferte zwar einige Monate nach Einreichung der Klage die übrigen Bestandteile des Quellcodes, einschließlich der Skripte, die zur Installation der Bibliothek verwendet werden, zur rechtlichen Klärung des Falls ließ man die Klage aber weiterlaufen. AVM argumentierte zunächst, dass es für die Einhaltung von LGPL 2.1 ausreiche, wenn Nutzer dazu in der Lage seien, Softwareänderungen am flüchtigen Speicher (RAM) vorzunehmen.

Im Ergebnis wurde nun aber festgestellt, dass LPGL 2.1 Nutzern das Recht einräumt, damit lizenzierte Software auf ihren Geräten zu reparieren, zu modifizieren sowie neu zu installieren, und Nutzer dazu in der Lage sein müssen, solche Änderungen auf dem permanenten Speicher abzulegen.

Von AVM erreichte uns folgende Stellungnahme:
Zitat:

"Zur ganzen Geschichte gehört, dass wir seit Jahren aktiv die Open Source Community unterstützen, da sie langfristig Innovationen sicherstellt und dass sich im Laufe dieses Verfahrens herausstellte, dass der Source Code genügend war, weshalb die Gegenseite alle Vorwürfe hinsichtlich einer potenziellen LGPL/GPL-Verletzung zurückgezogen hat. Der Beschluss des Landgerichts Berlin bestätigt die einvernehmliche Klärung. Sämtliche Source Code Packages waren bereits vor der Kontaktaufnahme des Klägers von uns veröffentlicht und ihm bekannt. Wir wurden nicht nachträglich dazu verpflichtet, mehr zu veröffentlichen."


Nachtrag vom 13. Januar 2025:

Wir haben die Stellungnahme von AVM ergänzt und die Passage gestrichen, dass das Unternehmen dazu verpflichtet wurde, seine öffentlich zugänglichen Quellcodearchive um die vollständigen Skripte zu ergänzen.

quelle: golem.de